Studierendenprotest zwischen Kunst, Kommerz, Guerilla, Systemkritik und Spaßfabrik.
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Dem Geschäftsführer der Freien Universität (FU) Berlin, die seit Wintersemester 2007 den Status "Elite-Uni" trägt, bläst eine neue Art von Protestwind entgegen: Jubelparaden, Leader-Lieder und Habitus-Coaching folgen Lenzen auf Schritt und Tritt in der Öffentlichkeit.
Sie grölen und schwenken Transparente in die Luft. Das hört sich an wie eine staubtrockene Studentenlatschdemo, doch hier wird nicht gegen Dieter Lenzen gepfiffen, die Studenten pfeifen für ihn.
verlangen die Protestierenden, die in Smokings zur Demo herbeieilen und Elite "einfach gut" finden.
In den vergangenen Monaten hat sich eine Protestavantgarde in Berlin entwickelt, die elitär Widerstand gegen schlechte Studienbedingungen und die steigende Ökonomisierung der Hochschulen leistet. Sie hat auch bereits andere deutsche Unis ergriffen. Spontanes Gähnen ist verboten, wenn diese Studenten auf die Barrikaden steigen.
Den Bildungsoffiziellen bei seiner Rede mit Trillerpfeifen und Buh-Rufen zu hindern, gehört beinahe zum akademischen Habitus. Doch die Berliner Studenten jubeln und verfallen in tosenden Applaus, als Dieter Lenzen bei einer Immatrikulationsfeier auftritt und Begriffe wie "Exzellenzcluster" und "Spitzenforschung" intoniert.
Die rund 600 Klubmitglieder versichern, dass Dieter Lenzen ihr Held sei und warten mit Slogans wie "Reichtum soll sich wieder lohnen - für die Uni wie für die Elite!" auf. Dieser Klub wirkt wie eine Huldigungsoffensive für die neoliberale Linie des Uni-Präsidenten. Betritt Lenzen eine Bühne, braust Jubel auf. Laut, viel zu laut klatschen die Studenten ihrem Präsidenten zu.
Diese Kunst-Subversions-Strategie nennt sich Kommunikationsguerilla innerhalb des Regelsystems. Logos und Botschaften des "Feindes" werden bewusst übernommen und Information mit Desinformation verknüpft. Die Studenten verwenden dieselben Slogans, gegen die sie ankämpfen, und verdichten somit die Debatte. Probleme wollen die Studierenden dabei nicht bekommen. Sie haben sich anwaltliche Beratung geholt und protestieren "absolut demokratisch, verfassungstragend und legal". Die Bewegung soll für sich stehen - einzelne Repräsentanten gibt es keine, und auch Mitgliedernamen wollen sie nicht preisgeben.
[/u]Der Dieter-Lenzen-Fanclub ärgert seinen Helden. Dieser blockt ab: Mit seinen Studenten spricht er schon lange nicht mehr. Erfährt er, dass ihm ein elitärer Protestwind bei einer Veranstaltung entgegenschlagen könnte, wird er krank und bläst seinen Auftritt kurzfristig ab.