Warum Nichtwähler?
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Warum Nichtwähler?
Graz hat gewählt. Die FPÖ hat trotz gewisser Moslemdeportationspläne 11% erlangt. Womit wieder einmal auf den tiefen Bodensatz der Öst. Bevölkerung geschlossen werden kann.
Aber weit bedenklicher finde ich die auffällig geringe Wahlbeteiligung von nur 56%, mit Wahlkarten vielleich 57%. Gerade ob dieses besonderen Wahlkampfes wäre doch eigentlich eine große Mobilisierung aller Wählergruppen zu erwarten gewesen. Habt Ihr eine Idee dazu?
Ich selbst gehe eigentlich gerne zu Wahlen. Obgleich es natürlich schon vorgekommen ist, dass ich einen Wahltag überraschend nicht in Wien verbracht habe oder sonstwie verhindert war.
Findet Ihr es akzeptabel, bewusst nicht wählen zu gehen? Ich bin skeptisch.
Aber weit bedenklicher finde ich die auffällig geringe Wahlbeteiligung von nur 56%, mit Wahlkarten vielleich 57%. Gerade ob dieses besonderen Wahlkampfes wäre doch eigentlich eine große Mobilisierung aller Wählergruppen zu erwarten gewesen. Habt Ihr eine Idee dazu?
Ich selbst gehe eigentlich gerne zu Wahlen. Obgleich es natürlich schon vorgekommen ist, dass ich einen Wahltag überraschend nicht in Wien verbracht habe oder sonstwie verhindert war.
Findet Ihr es akzeptabel, bewusst nicht wählen zu gehen? Ich bin skeptisch.
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- dejost
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Hiezu möchte ich die heutige Presse empfehlen. Nebst einem Interview mit Pröll (dem, der nicht Erwin heißt, also Josef, dort gibt er auch unumwunden zu dass die FPÖ 1999 Platz 2 hatte), der ein Mehrheitswahlrecht fordert, stellt die Presse auf Seite 1 kurz verschiedene Wahlrechtsideen vor.
Ich bin ja prinzipiell gegen diese Mehrheitswahlrechtsystem, das einzige auf das ich mich mit Bauchweh einlassen würde, wäre noch das mit Koalitionszwang (stärkste Partei bekommt automatisch 91 von 183 Mandate und hat damit mit jeder anderen Partei eine Mehrheit, braucht aber auch PartnerIn), was aber auch wieder blöd wäre, wenn die stärkste Partei mehr als 50% hat (was aber wohl nicht zu erwarten ist).
Jedenfalls, und deswegen poste ich das hierher, gibt es ein Modell, das mir schon gefällt:
Die stärkste Partei bekommt automatisch die NichtwählerInnenstimmen dazugeschlagen.
Das hat den Vorteil, dass die Nichtwählenden, zwar gezwungenermaßen, aber sie sind ja selber schuld, am politischen Prozess teilnehmen. Und es bedeutet auch, dass sich alle, vor allem die kleineren (noch) aktiver um Nichtwählende bemühen müssen.
Als besonders netter Nebeneffekt, der mir persönlich gut gefällt, ist zu erwähnen, dass jemand der aktiv sich dem ganzen verschließen will, ungültig wählen muss und damit ein wesentlich deutlicheres Signal setzen muss als bloß daheim bleiben (was dann SPÖ oder ÖVP zu Gute kommt).
Ich bin ja prinzipiell gegen diese Mehrheitswahlrechtsystem, das einzige auf das ich mich mit Bauchweh einlassen würde, wäre noch das mit Koalitionszwang (stärkste Partei bekommt automatisch 91 von 183 Mandate und hat damit mit jeder anderen Partei eine Mehrheit, braucht aber auch PartnerIn), was aber auch wieder blöd wäre, wenn die stärkste Partei mehr als 50% hat (was aber wohl nicht zu erwarten ist).
Jedenfalls, und deswegen poste ich das hierher, gibt es ein Modell, das mir schon gefällt:
Die stärkste Partei bekommt automatisch die NichtwählerInnenstimmen dazugeschlagen.
Das hat den Vorteil, dass die Nichtwählenden, zwar gezwungenermaßen, aber sie sind ja selber schuld, am politischen Prozess teilnehmen. Und es bedeutet auch, dass sich alle, vor allem die kleineren (noch) aktiver um Nichtwählende bemühen müssen.
Als besonders netter Nebeneffekt, der mir persönlich gut gefällt, ist zu erwähnen, dass jemand der aktiv sich dem ganzen verschließen will, ungültig wählen muss und damit ein wesentlich deutlicheres Signal setzen muss als bloß daheim bleiben (was dann SPÖ oder ÖVP zu Gute kommt).
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Gefiele auch mir gut. Könnte mich allenfalls noch für die Variante Mehrheitswahlrecht mit Koalitionszwang erwärmen. Andere Systeme lehn' auch ich ab. Die beiden genannten wären wohl auch die einzigen in der derzeitigen politischen Realität durchführbaren. Im Übrigen bin ich ganz grundsätzlich dafür, dass die Regional- und Landeswahlkreise aufgelöst werden. Mir sind bundeseinheitliche Kandidatenlisten einfach sympathischer. Wenn möglich, Einführung eines effizienteren Vorzugsstimmensystems. Weiters sollte bei der Gelegenheit endlich von dieser komischen Abgeordnetenzahl 183 abgegangen werden; mein Vorschlag wär' 150.dejost wrote:Jedenfalls, und deswegen poste ich das hierher, gibt es ein Modell, das mir schon gefällt:
Die stärkste Partei bekommt automatisch die NichtwählerInnenstimmen dazugeschlagen.
Das hat den Vorteil, dass die Nichtwählenden, zwar gezwungenermaßen, aber sie sind ja selber schuld, am politischen Prozess teilnehmen. Und es bedeutet auch, dass sich alle, vor allem die kleineren (noch) aktiver um Nichtwählende bemühen müssen.
Als besonders netter Nebeneffekt, der mir persönlich gut gefällt, ist zu erwähnen, dass jemand der aktiv sich dem ganzen verschließen will, ungültig wählen muss und damit ein wesentlich deutlicheres Signal setzen muss als bloß daheim bleiben (was dann SPÖ oder ÖVP zu Gute kommt).
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Mehrheitswahlrecht mit Koalitionszwang? Wie soll das funktionieren? Ich stell mir gerade vor, dass es so wie in Amerika ist, dass aufgrun des Mehrheitswahlrechts nur noch 2 Parteien im Parlament sitzen, wenn die dann eh imer koalieren müssen, kann ich mir die Wahl eigentlich sparen, und die beiden Parteien alle 5 Jahre die Führungsposition wechseln lassen?
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Nein, denn dieses Modell sähe ja vor, dass die stärkste Partei aufgrund ihrer automatischen 49 Mandatsprozente mit jeder anderen Fraktion koalieren könnte. Bei einem solchen System würden weiterhin auch kleinere Parteien gewählt werden, da deren Stimmen im Gegensatz zu einem The-winner-takes-it-all-Modell ja nicht verloren gehen. Es ist einfach nur so, dass dem Sieger ein gewisser Mandatsbonus dazugegeben wird.harald wrote:Mehrheitswahlrecht mit Koalitionszwang? Wie soll das funktionieren? Ich stell' mir gerade vor, dass es so wie in Amerika ist, dass aufgrund des Mehrheitswahlrechts nur noch 2 Parteien im Parlament sitzen.
Im Übrigen wäre der Koalitionszwang nur relativ, da bei entsprechender Beliebtheit die jeweils stärkste Partei ja auch von ganz allein die absolute Mehrheit erlangen kann. Und umgekehrt könnte auch die stärkste Partei nicht in die Regierung gelangen, insofern alle anderen Fraktionen, also die restlichen 51%, koalieren.
Wie auch immer, wir sind uns wohl eh einig, dass das Nichtwählerprämienmodell interessanter wäre.
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Nein, ich bin nicht dieser Ansicht. Denn mMn könnte man auch durch das Nichtwählen zum Ausdruck bringen, dass man mit dem System nicht einverstanden ist (mal abgesehen von den Parteien jetzt!). Wieso sollte dann die Nicht-Stimme dem Stärksten zugezählt werden, wenn ich das System kritisiere? Insofern war ich ja auch froh, als in Tirol die Wahlpflicht aufgehoben wurde.Der Alchemist wrote:Wie auch immer, wir sind uns wohl eh einig, dass das Nichtwählerprämienmodell interessanter wäre.
Außerdem öffnet das Tür und Tor um Systemfehler zu verstärken - ich sag nur unvollständige Wahllisten, wo Tote drauf stehen,... .
Ich stell mir gerade vor, ich bin auf Urlaub, hab keine Wahlkarte (weil zB die Zeugen fehlen würden und keine österreichische Botschaft in dem Land vorhanden ist) und meine Stimme würde irgendeiner Partei zugrechnet - klares Nein Danke! (Und an einem Wahltermin, zu dem ich auf Urlaub bin, bin sicher nicht ich selbst schuld, vor allem wenn diese Termine wie in letzter Zeit ständig vorverschoben werden!)
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Kein Problem.harald wrote:Nein, ich bin nicht dieser Ansicht.Der Alchemist wrote:Wie auch immer, wir sind uns wohl eh einig, dass das Nichtwählerprämienmodell interessanter wäre.
Bei neu einzuführender Ungültigkeitsspalte ankreuzen. Oder meinst Du Systemkritik im Sinne von Demokratieabneigung. Dann tät' meine Antwort "Pech" lauten.Denn mMn könnte man auch durch das Nichtwählen zum Ausdruck bringen, dass man mit dem System nicht einverstanden ist.
Gut, ich werde auch das Wahlkartensystem für Dich verbessern ...[...] habe keine Wahlkarte [...]
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Hm, ich nenn das nicht Pech, sondern bestehe darauf, dass ich ein Recht habe, in einer Demokratie, dieselbige mit demokratischen Mitteln auch wieder abzuschaffen (die nötigen Mehrheiten vorausgesetzt). Warum also nicht bei genügend Nicht Wählern die Monarchie wieder einführen?Der Alchemist wrote:Bei neu einzuführender Ungültigkeitsspalte ankreuzen. Oder meinst Du Systemkritik im Sinne von Demokratieabneigung. Dann tät' meine Antwort "Pech" lauten.Denn mMn könnte man auch durch das Nichtwählen zum Ausdruck bringen, dass man mit dem System nicht einverstanden ist.
Ich weiß, dass ich jetzt all jene ignoriere, die den Standpunkt einer wehrhaften Demokratie vertreten, aber warum an den Mehrheitsverhältnissen spielen, wenn das System an sich krankt?
P.S.: Ich bin ja der Meinung, es krankt gar nicht an dem System, sondern es ist gut, so wie es ist (vll. eine gleichmäßigere Verteilung der Wahlkreise, aber sonst find ich es echt ok), aber wenn wir schon bei Gedankenexperimenten sind, dann ...
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Also hier liegt ein Missverständnis vor: Demokratie vs Diktatur; Republik vs Monarchie. Mir zum Beispiel ist es ziemlich egal, ob die Verfassung ein Fürsten-/König-/Kaisertum oder ein Präsidentenamt vorschreibt, insofern die gesamte Machtverteilung passend ausgeglichen ist. Und all dies lässt sich mit
Obwohl, fast Du wirkliche Veränderungen wünscht, wäre ich unter Umständen bereit die schwere Bürde des Diktatorenamtes zu übernehmen ...
problemlos vereinigen.einer wehrhaften Demokratie
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Wer sagt, dass der Monarch demokratisch gewählt werden soll? (Ich verstehe den Einwand, bin jedoch nicht überzeugt, das klare Trennungen so einfach möglich sind, auch wenn es parlamentarische Monarchien gibt).
Bei dem derzeitigen Kenntnisstand der Abgeordneten über die Gesetze, die sie beschließen, wär eine andere Form zumindest die Gesetzgebung betreffend besser.
Aber wie gesagt, ich bin mit dem derzeitigen System zufrieden, denn ich glaube nicht, dass es bessere Alternativen gibt. Man kann ja auch bestehende System tunen.
@Alchemist als Diktator: Er möge mal wieder ein bissl brav sein und derlei Gedanken ad acta legen! Außerdem haben Diktatoren für gewöhnlich ein recht kurzes Leben. Ist das so anstrebenswert?
Bei dem derzeitigen Kenntnisstand der Abgeordneten über die Gesetze, die sie beschließen, wär eine andere Form zumindest die Gesetzgebung betreffend besser.
Aber wie gesagt, ich bin mit dem derzeitigen System zufrieden, denn ich glaube nicht, dass es bessere Alternativen gibt. Man kann ja auch bestehende System tunen.
@Alchemist als Diktator: Er möge mal wieder ein bissl brav sein und derlei Gedanken ad acta legen! Außerdem haben Diktatoren für gewöhnlich ein recht kurzes Leben. Ist das so anstrebenswert?
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Volle Zustimmung, dann mögen halt irgendwelche Marionetten ruhig glauben selbst zu herrschen, ich werd' mich großzügiger Weise auf die Rolle der éminence grise "beschränken".Diktator ad acta legen!
Spaß beiseite, kommen wir wieder zu den Perspektiven zurück. Welche Vorschläge gäb's noch? Respektive erstens was wäre realistisch in naher bis mittlerer Zukunft umsetzbar? Zweitens: Langzeitveränderungswünsche?
Bessere Abgeordnete wählen!Bei dem derzeitigen Kenntnisstand der Abgeordneten über die Gesetze, die sie beschließen, wäre eine andere Form, zumindest die Gesetzgebung betreffend, besser. Aber wie gesagt, ich bin mit dem derzeitigen System zufrieden, denn ich glaube nicht, dass es bessere Alternativen gibt.
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Heute stellte sich mir mal wieder die Frage:
Warum überhaupt das derzeitige Wahlsystem in Frage stellen? Die Nationalratswahlen 1999 hätten zu einer Koalition erster und zweiter führen können. Sie haben aber das Ergebnis gebracht, dass die zweit- und die drittstärkste Partei miteinander die Regierung bilden. Die Wahlen 2002 hätten sogar beinahe Schwarz - Grün ermöglicht (wenn auch leider wenig realistisch, so war das liebäugeln damit doch einmal ein frischer Wind in dre Politik). Die letzten Wahlen haben es offen gelassen, eine Dreier Koalition zu bilden oder eine große Koalition. Letzteres war der Fall.
Das System scheint hier kein Problem darzustellen. Denn zum Einen sind mehrere Regierungsbildungsvarianten möglich, was schon mal ein wesentlicher Punkt für dieses System zu sein scheint. Zum Anderen wird so jedenfalls immer die Mehrheit der Wähler vertreten (was im Mehrheitswahlrecht nicht immer zwingend ist, siehe USA).
Ich glaube das Problem liegt eher in der Parteilandschaft, oder besser gesagt, an den Personen, die diese vertreten. Und die Ausgrenzung von Koalitionsmöglichkeiten ist auch ein Problem.
Deshalb: revolutionieren wir die Personen, nicht das System!
Warum überhaupt das derzeitige Wahlsystem in Frage stellen? Die Nationalratswahlen 1999 hätten zu einer Koalition erster und zweiter führen können. Sie haben aber das Ergebnis gebracht, dass die zweit- und die drittstärkste Partei miteinander die Regierung bilden. Die Wahlen 2002 hätten sogar beinahe Schwarz - Grün ermöglicht (wenn auch leider wenig realistisch, so war das liebäugeln damit doch einmal ein frischer Wind in dre Politik). Die letzten Wahlen haben es offen gelassen, eine Dreier Koalition zu bilden oder eine große Koalition. Letzteres war der Fall.
Das System scheint hier kein Problem darzustellen. Denn zum Einen sind mehrere Regierungsbildungsvarianten möglich, was schon mal ein wesentlicher Punkt für dieses System zu sein scheint. Zum Anderen wird so jedenfalls immer die Mehrheit der Wähler vertreten (was im Mehrheitswahlrecht nicht immer zwingend ist, siehe USA).
Ich glaube das Problem liegt eher in der Parteilandschaft, oder besser gesagt, an den Personen, die diese vertreten. Und die Ausgrenzung von Koalitionsmöglichkeiten ist auch ein Problem.
Deshalb: revolutionieren wir die Personen, nicht das System!
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