Das ist ein vergleichsweise trauriger Anlass.
Der Faschothread hat den Praktikantinnenthread als meistgelesener Thread im allgemeinen Forum abgelöst, vor allem weil es so viele neue Posts gibt. Zweiseitig ist er mittlerweile auch.
"profil" Nr. 24/09 vom 08.06.2009 schreibt:
Vor seiner Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten galt der FPÖ-Abgeordnete Martin Graf als umgänglicher Zeitgenosse, an dessen Geisteswelt erstaunlicherweise kaum einer Anstoß nahm, ein Hinterbänkler von rechts außen, selbst in den Augen der eigenen Leute kein großes Licht. Ein Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin "Spiegel" im Frühjahr 1997, in dem Graf die revanchistische Ansicht vertrat, dass "die heutigen Staatsgrenzen willkürlich gezogen" seien, erweckte im Ausland mehr Empörung als hierzulande. Dass er einer rechtsextremen Burschenschaft angehört, seine Kameraden nach und nach in Schlüsselpositionen hievte und machttechnisch äußerst versiert agierte, war bekannt, doch einer gewissen Abstumpfung unterlegen.
Jetzt scheint der Mann, der in jungen Jahren vier Pflichtmensuren gefochten hat, weil er es für eine Ehre hält, für seine zweifelhafte Gesinnung "den Kopf hinzuhalten", den Parlamentariern über den Kopf zu wachsen. Den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, schmähte Graf jüngst als "Drahtzieher des antifaschistischen Linksterrorismus", indem er meinte: "Schon viele Bürger fragen sich, ob Muzicant als solcher" zu bezeichnen wäre.
Mit der Selbstgewissheit des einfachen Gemüts behauptet Graf im profil-Gespräch, er befände sich "in fast allen Fragen im Geist der Mehrheitsbevölkerung". Kein Jota werde er von seiner Überzeugung abrücken. Schließlich sei er vor dreißig Jahren in die Politik gegangen, um seine "Kameraden- und Wertegemeinschaft mehrheitsfähig zu machen". Er halte auch nichts vom so genannten "antifaschistischen Grundkonsens", sagt Graf.
Ein Großteil von Grafs Verwandtschaft stammt aus Schlesien und war nach 1945 in Flüchtlingstrecks nach Westen getrieben worden.
In Wien landet der Jusstudent wie naturgegeben bei der "Olympia", die damals schon die Aura des Verbotenen besaß. Die schlagende Verbindung war zeitweise wegen Verdachts nationalsozialistischer Wiederbetätigung seiner Mitglieder verboten gewesen. In Expertenkreisen gilt die Olympia bis heute als rechtsextrem
Einige ihrer Aktivisten, etwa der berüchtigte Neonazi Norbert Burger, hatten sich zur "Befreiung Südtirols" an Sprengstoffattentaten beteiligt, ein Gutteil ihrer Mitglieder, auch Graf, war in den achtziger Jahren auch in den Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) eingetreten, was ihnen erlaubte, ein zweites, ziviles Gesicht zu zeigen.
Andere Freunde von Graf heuerten bei der - alsbald verbotenen - "Aktion Neue Rechte" an, wie Michael Witt. Heute ist Witt der Parteianwalt der FPÖ, der auch Grafs vielfältige Klagsdrohungen wahrnimmt. In seiner Kanzlei beschäftigt Witt mehrere Bundesbrüder und sitzt gemeinsam mit Graf im Vorstand einer Privatstiftung.
Einige blieben zeitlebens im neonazistischen Lager, wie der notorische Neonazi Gottfried Küssel, den Graf nach eigenem Bekunden ebenfalls in diesen Jahren kennen lernte, mit dem er jedoch nie etwas zu tun haben wollte. "Ich habe ihn von Anfang für einen Agent Provocateur gehalten. Der Gottfried Küssel war immer bei rechtsextremen Aktivitäten dabei, doch ins Gefängnis kamen andere. Das war mir suspekt", sagt Graf. Ende der neunziger Jahre habe er Küssel verboten, die Bude der Olympia zu betreten. Da war Küssel allerdings bereits gerichtsbekannt. "Kellernazis" nannte der ehemalige FPÖ-Chef Norbert Steger einmal jene Grüppchen, die auch bei den Freiheitlichen andocken wollten. Graf wurde nicht genommen. "Es war damals nicht leicht, in der FPÖ Mitglied zu werden. Mein Beitrittsformular war aus dem Jahr 1985, aber ich wurde erst 1987 aufgenommen", sagt Graf.
Damals formte sich die Seilschaft der Olympen, die Graf bis heute die Treue hält. Graf revanchierte sich in den Jahren von Schwarz-Blau mit Jobs in Ministerien und Unternehmen unter Staatseinfluss. Ein profil-Informant, der 2001 als Anwerbekandidat auf die Bude der Olympia eingeladen war, erzählt, die Gespräche hätten sich vor allem um neue Posten gedreht. Graf soll als Türöffner dorthin höchstes Ansehen genossen haben.
Graf selbst wurde 2003 Geschäftsführer in Seibersdorf. Ob es für seine Protegés Arbeit gab oder nicht, war sekundär. "Was früher einer gemacht hat, dafür waren unter Graf drei oder vier notwendig", klagt Seibersdorf-Konzernbetriebsratsobmann Karl-Heinz Aschbacher.
Schiefer, Graf und ein Dutzend weiterer Burschenschafter, von denen rund die Hälfte später in den neonazistischen Untergrund rund um Gottfried Küssel abglitt, gaben 1987 bei einer Veranstaltung des RFS am Wiener Juridicum den Saalschutz für den Auftritt eines Neonazis. Der bundesdeutsche Reinhold Oberlercher hatte von Juden als "bakterielle Krankheitserreger" gesprochen, es verweigert, sich von Auschwitz zu distanzieren, und "Faschismus und Antisemitismus" als "intellektuelle Kühnheit" angepriesen. Eine Vertreterin des Verbands der Sozialistischen Studenten, die gegen die Ausführungen protestierte, gab in einem Gerichtsverfahren zu Protokoll, man habe sie als "Judensau" beschimpft.
Schon ein Jahr zuvor war es an der Wiener Universität aus ähnlichem Anlass zu Tumulten gekommen. Der Olympe Harald Stefan, heute freiheitlicher Nationalratsabgeordneter, rühmte sich später (in einer Festschrift der Olympia), dass seine Leute bei einem Vortrag des französischen Rechtsextremisten Pierre Krebs 1986 die Gegendemonstranten "mit blutigen Köpfen davongejagt" hätten, was den RFS "stark motiviert" habe. Krebs hatte bei dieser Gelegenheit, übrigens wieder flankiert von Küssels Neonazis, vor dem "Verlust der biologischen Substanz der Völker" gewarnt.
Unter Schwarz-Blau waren Graf und Freunde salonfähig geworden. Als FPÖ-Wissenschaftssprecher schlug Graf für die neu geschaffenen Uniräte ein halbes Dutzend Verbindungsbrüder vor, darunter seinen alten Spezi Friedrich Stefan und Gerhard Pendl, der allerdings wegen einer Grabrede zum Gedenken des NS-Luftwaffenpiloten Walter Nowotny sein Amt schnell wieder verlor.
Im Parlament wurde der Olympe Nobert Nemeth als Klubsekretär installiert. Noch 1996 hatte Nemeth seine Solidarität mit dem damals inhaftierten Neonazi Gottfried Küssel erklärt und das Verbotsgesetz attackiert. Nemeth hält den Holocaust offenbar für eine Glaubensfrage und die juristische Verfolgung für falsch, "weil diese Personen tatsächlich glauben, dass es den Holocaust nicht, oder zumindest nicht in der Intensität der offiziellen Geschichtsschreibung, gegeben hat".
Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte die Burschenschaft im Jahr 2005 wegen der spektakulären Verhaftung des britischen Holocaust-Leugners David Irving, der nach gerichtlicher Aussage von studentischen Olympia-Mitgliedern zu einem Vortrag auf die Bude eingeladen worden war, was zu Irvings Verhaftung und Verurteilung nach dem NS-Verbotsgesetz führte. Graf bestreitet das Geschehen mit einer gewissen Chuzpe: "Niemand von uns hat Irving eingeladen. Das ist ja witzig. Man unterstellt uns, dass wir ausländerfeindlich seien, und dann sollen wir einen Ausländer einladen? Ich weiß nicht, was Irving vor unserer Bude wollte, die Gumpendorfer Straße ist lang, vielleicht wollte er woanders hin."
Seit der Wahl von Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten ist die Olympia vorsichtig geworden. Informanten berichten, dass bei geschlossenen Abenden jeweils Fotos geschossen werden, "um sich einander zu verpflichten, dass keiner ausschere und Verrat begehe". Man liest auf ihrer Homepage (olympisch: "Heimatseite"), dass sie nur "charakterlich einwandfreie Persönlichkeiten" aufnehme und auf "deutschsittliche Werte" setze. Kommersreden von FPÖ-Politikern sind gesperrt. Ebenso die Texte ihrer so genannten "Liedertafel".
Auch von Auftritten prominenter Neonazis auf der Bude ist nichts mehr zu hören. In den vergangenen Jahren war die Burschenschaft mit ihren Liederabenden mehrmals am NS-Verbotsgesetz entlanggeschrammt. 2003 hatte sie den jüngst verstorbenen deutschen Neonazi Michael Müller eingeladen, der für seine Abwandlung eines Schlagers von Udo Jürgens ("Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an") in der Neonazi-Szene Furore gemacht hatte. Graf rechtfertigte sich damals, er sei an diesem Abend nicht auf der Bude gewesen. Ein paar Monate später ließ er Medien reihenweise klagen. Seine Rechtfertigung: Müller habe an diesem Abend dieses Lied nicht gesungen.
Einer der ehemaligen Mitarbeiter Grafs, der beim Aufruhr-Versand bestellt hatte, klagte Öllinger wegen übler Nachrede, vergangene Woche wurde das Auslieferungsbegehren des Wiener Landesgerichts an das Präsidium des Nationalrats zugestellt. Es landete in Kopie prompt auf der Neonazi-Homepage "Alpen-Donau-Info". Öllinger will nun per Anfrage von Nationalratspräsidentin Prammer wissen, wem das Auslieferungsbegehren zugänglich war. Die Homepage, die sich als "Plattform für den nationalen Widerstand" definiert, hat übrigens unter der Rubrik "Verweise" einen Link zur FPÖ.
Ende 2005 übernahm er den Wiener Fußballclub Hellas als Präsident, machte sofort seinen Stellvertreter im Bezirk Donaustadt und Parlamentsmitarbeiter Werner Hammer zum Vizepräsidenten und zwang die alten Funktionäre zum Aufgeben. Mit fragwürdigen Methoden.
Der Vorstand ist mittlerweile mehrheitlich mit Freiheitlichen besetzt. Die alten Funktionäre fürchten, dass die FPÖ die Jugend politisch einkassieren will. Spätabends wurden auch schon Glatzköpfe in Springerstiefeln in der Kantine gesichtet. Dort sitzt neuerdings ein Graf-Protegé: Markus Vetter, ehemaliger Parlamentsmitarbeiter von Graf, der sich beim neonazistischen Aufruhr-Versand eingedeckt hatte, er betreibt heute die Kantine des FC Hellas.
Ein ziemlicher langer Text (und dabei habe ich ihn schon ordentlich gekürzt) und tw stehen auch Dinge drinnen, die man schon kennt. Die neuen, und ärgeren Dinge habe ich herausgehoben.
Das ist jedoch noch nicht alles. Wie diverse Medien berichten, ua orf.at, wurden jetzt in Ebensee (allerdings ohne direkten Konnex zu den letzten Vorfällen) 4 Neonazis, noch nicht rechtskräftig, schuldig gesprochen.
Die Anklage hatte unter anderem den Vorwurf enthalten, die rechtsextreme Gruppierung "Kampfverband Oberdonau" gegründet zu haben.
Bei Hausdurchsuchungen sei einschlägiges Material sichergestellt worden.
Außerdem sollen Fotos gemacht worden sein, die die Angeklagten in Verbindung mit verschiedenen Nazi-Symbolen zeigen. Es sollen SMS mit der Zahl "88" verschickt worden sein
In einem Lokal soll eine Ausländerin beschimpft worden sein - sinngemäß: Sie solle froh sein, dass es Hitler nicht mehr gebe, sie würde sonst vergast werden.
Einige Zeugen erklärte im Gegensatz zu früheren Aussagen vor der Polizei, sie könnten sich ebenfalls wegen zu viel Alkohols nicht mehr an die Vorkommnisse erinnern. Der Staatsanwalt vermutete, Drohungen gegen die Zeugen könnten eine Rolle spielen.
Und das war es leider immer noch nicht, wie wiederum verschiedene Medien, ua derstandard.at berichten, hat ein 88jähriger Altnazi (der orf.at bezeichnet ihn als Neonazi, das gehört eigentlich in den orf-thread) einen Wachmann im Washingtoner Holocaustmuseum erschossen.
Fernsehberichten zufolge ist der 88-jährige Angreifer vorbestraft und hat seit Jahren Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen. US-Präsident Barack Obama äußerte sich bestürzt über den Zwischenfall.
Das Museum an der Mall im Herzen der US-Hauptstadt war 1993 eröffnet worden. Es ist den etwa elf Millionen Opfern des Nationalsozialismus vor und während des Zweiten Weltkriegs gewidmet: Juden, aber auch sowjetischen und polnischen Kriegsgefangenen, Behinderten, Homosexuellen, Oppositionellen. Mit dem umfassenden Archiv, den Listen von Überlebenden und der Gedenkhalle ist es das größte Zentrum über den Holocaust überhaupt. Bisher haben rund 30 Millionen Menschen das Museum besucht, unter ihnen auch viele Staats- und Regierungschefs.
Der mutmaßliche Täter wurde auch angeschossen.