Rauscher vom Standard stellt die Frage "Soll/kann die SPÖ die Arbeiter aufgeben?"
Die wählen,
so schreibt er, schon lange mehrheitlich FPÖ, sind nur 9% der Wähler, und die SPÖ punktete zuletzt mehr bei Bürgerlichen (also urbanen Gebildeten) und weiß eh nicht, wie sie die Arbeiter je zurückholen soll.
Wenn Rauscher von 9%
Arbeitern schreibt, so meint er wohl Leute in einer Festanstellung, die nicht viel Ausbildung haben und überwiegend einfache oder manuelle Tätigkeiten ausführen. (Also das Gegenstück zum Angestellten).
Die werden tatsächlich weniger als Wähler - zum einen weil solche Tätigkeiten automatisiert werden (obwohl da jetzt mal ein vorläufiger Höhepunkt erreicht ist, weil bis es billiger ist, Roboter Regale schlichten zu lassen, zu putzen, am Bau zu hackeln oder Pakete zuzustellen, vergeht noch etwas Zeit) zum Anderen, weil solche Tätgikeiten sehr häufig von nicht wahlberechtigten Ausländern gemacht werden (was im Hinblick auf die rezente Migration, so übertrieben sie auch dargestellt ist, sicher noch verstärkt wird).
Das ist aber auch eine Gruppe, die mehr als alle anderen von den letzten
120 Jahren sozialdemokratischer Politik profitiert hat (ob diese sozialdemokratische Politik irgendwas mit der heutigen SPÖ zu tun hat, sei mal dahingestellt. Und Dankbarkeit ist keine politische Kategorie, wie schon ein ehemaliger SPÖ-Bonze, derzeit Diktatoren-Apologet, erkannt hat):
40h Woche, bezahlten Urlaub
Krankenkassen, Pensionen, Arbeitslosenversicherung
Kindergärten, Gemeindewohnungen, Familienbeihilfe
Arbeiterkammer, Kollektivverträge
etwas rezenter: Gleichstellung mit Angestellten, Familienbonus, Steuerfreiheit der ersten etwa 12000 Euro
Kurzum, die meisten festangestellten Arbeiter können sich zu recht zur Mittelschicht zählen.
Ganz
ausnahmsweise eine persönliche Anekdote:
Mein schon lange verstorbener Großvater hat zu Beginn der 1950ern zur Untermiete in einem kleinen Zimmer gewohnt und zum Lebensunterhalt Straßenbahnen geputzt. In den 1990ern war er schon einige Zeit in Pension, noch bei bester Gesundheit und bei meinem Vater zu Besuch. Wir wohnten damals in einem eigentlich sehr geräumigen Wohnhaus mit großen Garten im Speckgürtel Wiens. Bei so einem Besuch hat mein Großvater einmal gesagt, er hätte nie gedacht, dass es ihm einmal so gut gehen würde.
Und wenn ich schon bei persönlichen Dingen bin: Ich könnte mir nicht leisten, dieses (oder ein vergleichbares) Haus zu kaufen.
Da ist nicht mehr viel Luft nach oben, was auch die Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers zum Familienbonus für Schlechterverdiendende zeigen.
Vor allem ist mir jetzt auch nicht bekannt, dass da irgendwelche relevanten Proponenten große Verbesserungsvorschläge machen, die 60h-Woche weist genau in die andere Richtung.
Also geht es primär darum, den erkämpften
Status quo zu erhalten.
Wovon ist der bedroht? Ich könnte es mir leicht machen, und sagen, anscheinend von der Bundesregierung, wäre aber etwas intellektuell unredlich.
Von der
Globalisierung, dem entfesselten internationalen Finanzkapitalismus usw. (Langfristig auch von der Klimaveränderung, aber darum schert sich keiner und betrifft es die Arbeiter auch nicht mehr als die restliche Mittelschicht.)
Elon Musk, der seinen Zenith anscheinend vor einiger Zeit überschritten hat und keine Anstalten macht, seinen Abstieg zu bremsen, hat jetzt verkündet, bei Tesla arbeiten sie 80h+ die Woche.
Die Globalisierung zu bändigen versucht aber keiner zu richtig - natürlich gibt es punktuelle Maßnahmen, aber mehr habe ich jetzt von keinem politisch relevanten Player gehört, was sie dagegen machen wollen. Abgesehen von diversen neo-merkantilistsichen und nationalistischen Ansätzen, die es aber noch nicht in die Praxis geschafft haben.
Was heißt das jetzt für diese Arbeiter?
"Die Globalisierung" kann man sehr leicht auf "Die Ausländer bedrohen Eurere Arbeitsplätze !!!einself!" runterbrechen. Und wer das seit vielen Jahren erfolgreich kommuniziert, wissen wir nicht erst seit der letzten Wahl.
Die "wahren" Arbeiter sozusagen sind aber die diversen
prekaristisch tätigen und Scheinselbständigen, in den Medien rezent präsent ware die Paketkuriere und Essensboten, aber im Reinigungsgewerbe gibt es das auch und vermutlich noch in vielen, anderen Branchen. Dazu schreibe ich ja immer wieder mal was.
Für die aber legt sich sowieso keiner ins Zeug - die einen nicht, weil die zu einem noch größeren Teil Ausländer sind, die anderen nicht, weil die nicht wählen (können) und die dritten nicht, weil sie gerne weiter Gratiszustellung haben wollen (die in Wahrheit natürlich schon eingepreist ist).
Eine Gewerkschaft hat für die mal so eine Art Beratungsangebot beworben, ob das angenommen wurde, weiß ich aber nicht.
Interessant wäre zu wissen, ob die Arbeiterklasse im Ganzen mehr wird - aber da sich der Reichtum immer mehr konzentriert, gehe ich mal davon aus, dass die Arbeiterklasse zumindestens nicht abnimmt.
Was heißt das für die SPÖ?
Keine Ahnung.
Aus traditionelln Gründen können sie nicht einfach sagen, sie pfeifen auf die Arbeiter. Auf die Prekären pfeifen sie eh schon längst, und den klassischen Arbeitern können sie kein Angebot machen, weil die eh schon das meiste haben, und wie gesagt, sie davor zu bewahren, dass sie das verlieren, versprechen ihnen schon weitere Parteien.
Nun aber zum
BIMAZ Kickl:
Weiter oben schrieb ich, ich hielt ihn eigentlich immer für einen der schlauesten und geschicktesten in der FPÖ, aber da er sich als BIMAZ so daneben benimmt, zweifelte ich an meinem Urteil.
Nunmehr zweifle ich nicht mehr: Mein Urteil war richtig (Kickl ist ganz klar einder schlauesten und geschicktesten in der FPÖ, was zugegeben dort leichter ist als bei Mensa), aber unvollständig: Er ist einfach auch einer der schamlosesten. Denn es geht ja alles durch was er macht, - die Pferdepolizei kommt, das BVT wird umorganisiert und wurde aufgeräumt, die Polizei wird im rechtsextremen Millieu an, irgendeine Freunderlpartie wurden wieder irgendwelche Aufträge zugeschanzt usw. - er ist für die Regierung, für die FPÖ, für wen auch immer unverzichtbar, und das eben wohl weil er schlau und geschickt ist und das schamlos ausnutzt.
großkariert wrote: ↑28 Oct 2018, 18:28
Ich bin bei dem Thema nicht ganz sachlich, weil ich selbst mein Leben mit einem Hund teile. Eine Hundehaftpflicht ist, soweit ich weiß, in einigen Bundesländern ohnehin schon Vorschrift, ich selbst habe auch eine. Absurd teuer ist das aber nicht. Je teurer Hundehaltung würde, desto mehr Leute würden ihre Hunde "illegal" halten, befürchte ich. Damit ist der Sicherheit dann aber auch wieder nicht gedient.
Eine generelle Beißkorbpflicht, auch für große Hunde, lehne ich ab. Was ich mir aber gut vorstellen könnte, wäre ein verpflichtender Hundeführschein für alle Hundehalter - und nur bei positivem Absolvieren + Überprüfung nach 2 Jahren eine Befreiung von der Beißkorbpflicht. Eben wenn Wesensfestigkeit des Hundes und die Kompetenz des Halters nachgewiesen sind.
Dass die Versicherung so billig ist, zeigt eh schön, dass es mehr ein wahrgenommenes Problem ist. Sicherlich, ist jeder Fall tragisch, aber es kann auch nicht jeder verhindert werden. Und wenn die Versicherungen das Risiko so gering bewerten und selbst keine Anforderungen stellen, zeigt das die Seltenheit solcher Vorfälle.
Ich finde Deinen Vorschlag sehr gut.
harald wrote: ↑20 Sep 2018, 09:55
dejost wrote: ↑10 Jul 2018, 13:26
Kein Kumulationsprinzip, beraten statt strafen
Keine Strafen für Schnellfahren, und weniger Verkehrskontrollen.
Keine Rauchverbote, kein Mystery Shopping bei Ärzten
Weniger Genehmigung
Dort wo es um Reduzierung der Effektivität der Verwaltungsentscheidungen geht, bin ich ganz bei dir.
Jedoch erlaube ich mir ein Beispiel, wo ich sage, das muss nicht so kompliziert sein. Wird ein Arbeitnehmer arbeitend angetroffen, und wurde nicht rechtzeitig zur Sozialversicherung gemeldet, so drohen folgende Verfahren: Strafverfahren, Verwaltungsstrafverfahren § 111 ASVG, Verwaltungsstrafverfahren AuslBG, Aufwandsentschädigung nach § 113 ASVG und natürlich Beitrags- und Steuernachzahlungen. Und dies bei unterschiedlichen Behörden und Rechtszügen, die zu divergierenden Sachverhaltsfeststellungen kommen können. Da sehe ich durchaus Handlungsbedarf zur Vereinheitlichung, denn für tatsächlich unschuldig Betroffene löst dies Kosten aus, die enorm sind, und hier meine ich nur die Kosten zum Managen der verschiedenen Verfahren.
Das sind gleich 2 Sachen die Du ansprichst:
Das erste ist die Organisation der Verwaltung.
Long, long time ago, war ich ja auch einmal Verwaltungsstrafbehörde für diese Sachen. Und mit "diese Sachen" meine ich, ich habe Verwaltungsstrafverfahren nach AuslBG und ASVG in einem abgewickelt (eine AZR, eine Einvernahme, ein Bescheid, jeweils mit mehreren (Spruch)Punkten, mit Parteistellung Finanzamt und Krankenkasse, die auch für gewöhnlich gemeinsam erhoben haben. (Und wenn es mehr Beschuldigte gab, wurden die Verfahren gleichzeitig und parallel abgewickelt, und für gewöhnlich haben sich die dann auch zusammengetan)
Für die Abgrenzung zum gerichtlichen Strafverfahren gab es eine eindeutige Grenze.
Finanzamt und Krankenkasse haben für ihre jeweiligen Folgeverfahren den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens abgewartet.
Mir wäre nicht bekannt, dass sich die Rechtslage so gravierend geändert hat, dass das in der Form nicht mehr möglich ist, also wenn zB AuslBG und ASVG Verwaltungsstrafverfahren jetzt nicht mehr vom selben in einem durchgeführt werden, ist das a) ziemlich dämlich, b) ein Effizienzverlust und c) ein Versäumnis irgendeiner Oberbehörde.
Die zweite Sache ist der Kostenersatz im Verwaltungs(straf)verfahren:
Da wurde doch zuletzt der Zugang zu Rechtshilfe bei den Verwaltungsgerichten erleichtert und erweitert. Du bist von uns beiden ganz klar der Spezialist dafür, mein Eindruck war, dass das vermutlich in der Praxis nicht so viel bringt.
Aus meiner Praxis erlaube ich mir noch anzumerken: Ich habe ja hunderte AuslBG und ASVG Verfahren gemacht. Ich kann mich jetzt an keines erinnern, wo tatsächlich Unschuldige betroffen waren - alle wurden gestraft und die Strafen wurde nicht behoben (außer in ein paar Fällen, wo damals der UVS die Frist versäumt hat und deswegen einstellen musste). Es gab nur ein paar Fälle von einem Unternehmer, der eine sehr originelle Beschäftigungskonstruktion gewählt hat, die bei sehr genauer Betrachtung aber die entsprechenden Bestimmungen erfolgreich umgangen hat - der wurde xmal angezeigt, aber nachdem ich das erste einstellen musste, haben ich die anderen gar nie eingeleitet.
Ich muss dazu sagen, wenn die Anzeige von FA oder GKK schon unschlüssig war, habe ich nicht eingeleitet.
Aber auch hier: Wenn das jetzt Leute machen, die jeden Blödsinn einleiten (und am Ende auch noch strafen) ist das weniger ein Problem der Rechtslage, als der Vorgesetzten von den Leuten, die ihre Arbeit falsch machen.